Wo ist Batman? – Fledermauswanderung mit Markus Gerum

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Schnell die Stiefel an, Regenjacke übergeworfen und die Stirnlampe eingesteckt. Es dämmert schon in den Ammergauer Alpen und eine dreistündige Wanderung liegt vor uns. Der späte Start ist Absicht, denn wir wollen unter Leitung von Naturkundler Markus Gerum die nahende Dunkelheit nutzen, um Fledermäuse zu suchen.

„Und jetzt erstmal die Sache mit der Kofelhexe!“ Ungefähr 40 Wanderer stehen vor dem drahtigen Endvierziger und warten auf eine regionale Anekdote, die sich um den Hausberg Oberammergaus, den Kofel rankt. Doch Naturkundler und Fledermausfachmann Markus Gerum wechselt rasch das Thema und will erstmal losmarschieren. „Die Geschichte von der Kofelhexe erzähle ich Euch gleich!“, vertröstet er. Es geht durch das abendliche Oberammergau. Mit Regenjacken und Schirmen, manche mit Rucksäcken und Wanderstöcken; die Truppe ist bunt gemischt, gut gelaunt und voller Erwartung.

Wie fledert die Maus? Grundlagen und mehr.

„Eigentlich sind Fledermäuse uns Menschen genetisch am nächsten“, sagt Markus, während seine Gesten an Restaurantfachmann Christian Rach erinnern, „denn Fledermäuse sind mit Affen verwandt, was man am Gebiss erkennen kann. Und mit den Affen sind wir ja auch verwandt.“ Es gibt viele verschiedene Fledermausarten und auch Flughunde, aber ob diese beiden Gattungen verwandt sind oder nur zufällig flugfähige Säugetiere sind, darüber streiten sich die Gelehrten. In Deutschland gibt es jedenfalls keine Flughunde und die heimischen Fledermausarten haben zumindest eines gemeinsam: Der fliegende Jäger rückt erst aus, wenn die Sonne untergeht. Dann flattern hunderte Fledermäuse in den Abendhimmel und versuchen per Echolot fliegende Insekten zu schnappen. Die Geräusche, die Fledermäusen zur Orientierung dienen, sind für Menschen nicht hörbar, aber Markus hat ein Gerät mit, das fledermäusische in menschliche Laute übersetzt. Der diktiergerätgroße „Bat-Detector“ macht klackende Geräusche, wenn eine Fledermaus über Markus fliegt, der den Detector in den Himmel reckt. Schnell muss man mit den Augen sein, um das Flattern der Fledermäuse zu beobachten, die im Abendhimmel Haken schlagen. Weil die zweilagigen Hautflügel nicht so effektiv sind, wie die Flügel der Vögel, müssen sie schneller schlagen. Das wirkt niedlich hektisch, funktioniert aber dann doch so gut, dass Fledermäuse in Kombination mit schwachen Augen und starkem Echolot geschickte Jäger der Lüfte sind. „Die Kofelhexe wohnt übrigens oben am Kofel, darum heißt sie auch so. Den Rest kann ich Euch ja gleich erzählen.“ So langsam werde ich neugierig, was es denn nun mit der Kofelhexe auf sich hat!

Zwischendurch: Wiesenschaumkraut und Hexenspucke

Fledermäuse gefunden! Sogar gleich drei Mal„Apropos Hexe. Kennt ihr Hexenspucke?“ Markus zeigt uns einen Stängel Wiesenkraut, an dem ein kleiner Klecks weißer Schaum klebt, der ein bisschen wie Spucke aussieht. Irgendwie hat jeder Teilnehmer das Gefühl, soetwas schonmal gesehen zu haben, ohne zu wissen, was das eigentlich ist. „Das ist keine Spucke, sondern Schaum, den die Larve der Wiesenschaumzikade erzeugt, um sich feucht zu halten und sich vor der Temperatur zu schützen.“ Markus reibt vorsichtig über den Schaum und es kommen zwei kleine grüne Larven zum Vorschein, aus denen später mal eine kaum sichtbare, aber gut hörbare Zikade wird. Der Schaum besteht übrigens zu über 99% aus Wasser. Und trotzdem ist er so stabil, dass er auch einen Regenschauer übersteht.

An einem kleinen Holzhaus machen wir halt. Markus ist sich ziemlich sicher, dass wir heute noch eine Fledermaus finden werden. Das feuchtkalte Wetter ist zwar nicht ideal, aber auch Fledermäuse müssen mal raus. In einem Spalt am Dach des Holzhauses findet Markus eine einzige Fledermaus. Vermutlich ein Männchen. Ein bißchen sieht es aus, wie ein zitterndes, welkes Blatt, das zwischen den Latten klemmt. Die Fledermaus zittert, um ihre Körpertemperatur wieder zu erhöhen, denn Fledermäuse sind Meister des Energiesparens. Obwohl sie Säugetiere sind, sind sie quasi wechselwarm, jedoch nicht auf die Sonne angewiesen, sondern können ihre Temperatur selbst regulieren.

Ein paar hundert Meter weiter ist das Fledermauskino. So nennt Markus eine kleine Waldlichtung. Die Bäume umranden dunkel den Abendhimmel, der die Leinwand bildet. Hin und wieder flattert es durch das Bild und das Bat-Detector knattert los. Welche Fledermausart das genau ist, kann man aus der Ferne und in der Dämmerung nur schwer sagen. Nur eins ist klar: Wasserfledermäuse sind das nicht, denn die finden wir erst gleich. Mit Stirnlampen ausgestattet setzt sich die Wandergruppe wieder in Bewegung.

Am Rande der Bebauung von Oberammergau liegt ein kleiner, schilfumrandeter Teich, an dem Markus häufig Fledermäuse findet, wie er sagt. Hier jagen Wasserfledermäuse, die nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche flattern, um hier Insekten zu jagen. Der Detector knattert und Markus große Taschenlampe wirft einen Lichtkegel über den Teich bis zum Schilf, durch den tatsächlich eine Wasserfledermaus flattert. Unser Suchscheinwerfer verfolgt die Flugbahn ein Stück, bis der kleine Flugsäuger einen Haken schlägt und wieder in die Nacht verschwindet. Gespannt schauen wir zu, denn bisher haben wir weder von Wasserfledermäusen gewusst, noch eine gesehen. „Wir gehen jetzt mal zurück zum Basislager“, sagt Markus. „Dort erzähle ich Euch dann auch, was mit der Kofelhexe war.“

Fazit

Alle Fledermausdaumen hoch für Markus Gerum! Er schafft es, kurzweilig, lustig und unterhaltsam Wissensvermittlung mit Wandern zu kombinieren. Eine Geschichte hier, eine Erklärung da, zwischendurch eine kurze Demonstration und das Staunen ist in den Gesichtern der Teilnehmer deutlich abzulesen. Und ganz nebenbei ist man fast drei Stunden durch den Abend gewandert. Er bietet diese Wanderung zwar auch für Schulklassen an, aber Kinderkram ist das ganz und gar nicht. Aber wie war das denn nun mit der Kofelhexe? – Nun, das berichte ich Euch ein anderes Mal 😉

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