An Hoëgne, Statte und Sâwe durch das Hohe Venn

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Der Frühling ist da! Das Thermometer sollte an diesem Wochenende zum ersten Mal die 20°C-Marke erreichen und auch von Regen sollte weit und breit keine Spur sein. Beste Verhältnisse also, um mal wieder eine Wanderung zu machen. Es sollte nach langer Zeit noch mal ins Hohe Venn gehen und da ich die Region um die Getz und die Hill ja bereits kannte, wollte ich nun Teil 1 der Venn-Wanderung von Natur Aktiv Erleben, Die Wasser des Venn (I): An Hoëgne, Statte und Sâwe machen.

Brücke an der HoegneGegen 11 Uhr erreiche ich an diesem sonnigen Sonntag also die Mühle Thorez, wo ich mein Auto auf einem kleinen Parkplatz parken kann. Es ist noch nicht so viel los und somit sind noch genug Parkplätze frei. Ich gehe los und die Straße ein Stück hinauf, die ich eben herunter gefahren bin, bis ich nach einigen Metern den Bachlauf der Hoëgne erreiche. Und es dauert nicht lange, bis ich die erste Brücke des Tages überqueren muss. Viele weitere werden noch folgen. Und hätte ich die Tourenbeschreibung etwas genauer bzw. überhaupt gelesen, wäre mir direkt aufgefallen, dass ich in die entgegengesetzte Richtung unterwegs bin. Nunja, ob nun so rum oder so rum. Was soll’s? Ich passiere die ehemalige Torfgrube von Solwaster, dem Ort, in dem meine Wanderung startet.

Ponys an der WieseEin paar Mal quere ich die Hoëgne noch über die urigen kleinen Brücken und erreiche irgendwann einen Feldweg, der unterhalb einer kleinen Siedlung verläuft und über ein weiteres Bächlein, die Statte, vorbei an einer Ponywiese an den Rand eines Waldes führt. Anscheinend habe ich eine kleine Abkürzung genommen. Nichts Wildes, vielleicht 600 Meter? Aber so konnten mir die beiden Mini-Ponys wenigstens noch Hallo sagen. Und ich folge dem breiten Weg am Waldrand für ein paar Meter, gelange auf einen Forstweg und tauche sehr schnell wieder auf einem schmaleren Pfad ins Unterholz ab. Ich merke schon: Hier hat sich jemand Mühe gemacht und versucht, möglichst ohne breite Wirtschafts- und Forstwege auszukommen. Daumen hoch! Denn der Forstweg verläuft etwas oberhalb ein paar Meter neben mir.

Knorrige BucheHätte ich diesen breiten Weg oberhalb genommen, hätte ich nicht die knorrige Buche gesehen, die wie ein Kunstgebilde neben meinem Pfad steht. Schon ganz schön verwunschen, dieses Werk der Natur. Ich folge dem Pfad, der mich am Ende einer Wiese zu einer Grillhütte bringt. Von dort ist es nicht mehr weit bis zur Straße „Gospinal“ und dem kleinen Parkplatz auf der anderen Seite der Straße, den ich überquere. Ein Schild weist mich darauf hin, dass ich ab jetzt entlang der Sâwe wandern werde und ein weiteres Schild fällt mir ins Auge: „Parcours“. Neben dem Wort ist ein Schild mit einem Rollstuhl zu sehen. Es scheint, als könnten Rolli-Fahrer hier eine Art Natur-Parcour abfahren. Tolle Idee. Und ich muss bei der ersten Station direkt mitmachen, denn eine Aussparung für die Rolli-Fahrer in der Schranke ist die einzige Möglichkeit, um auf die andere Seite zu gelangen. Es geht ein paar hundert Meter auf Asphalt weiter und an einer hohen Steinwand vorbei, bis ich rechts in den „Parcours pour Personnes a mobilite reduite“ einbiege.

Durch das Tal der Sâwe

Leider kann ich nicht lange auf dem rollifreundlichen Waldweg bleiben, denn mein GPS lotst mich wieder auf einen schmalen Pfad, der zwischen dem Rolliweg und der Sâwe verläuft. Irgendwann wechseln Pfad und Holzstege sich immer wieder ab. Hier hat jemand mitgedacht: Für die frostige Jahreszeit wurden die Holzstege mit Kaninchendraht überzogen. Kaninchendraht für besseren GripSo erhält man mehr Grip und kann auf dem nassen Holz bzw. der Eisschicht nicht ausrutschen. Vorbei an einem Rastplatz an der Pont de l’Ermitage geht es immer weiter der Sâwe entlang stetig bergauf. Ich freue mich innerlich über die tollen Pfade und beschließe schon jetzt, nach nur 4 km, bald in Laufschuhen noch einmal hier hin zu kommen. Über steinige Wege erreiche ich nach ca. 5 km einen Forstweg, wo ich es mir auf einer Bank gemütlich mache und mir ein Brötchen schmecken lasse. Danach geht es über einen asphaltierten Weg ein bisschen bergauf. Aus dem Asphaltweg wird ein Forstweg, der mich zu einem weiteren Rastplatz im „Vallée de la Statte“ führt. Hier picknicken ein paar Familien in den vielen kleinen Holzhäuschen und ein paar Kinder spielen am Ufer der Statte. Ich bin also nicht der Einzige, der das Frühlingswetter genießt.

Im Tal der Statte

Wieder geht es über verschlungene Pfade, dieses Mal entlang der Statte. Obwohl das Wetter recht frühlingshaft scheint, liegt hier im Hohen Venn noch das Herbstlaub auf dem Waldboden. Gerade hier im Tal der Statte fällt es mir besonders auf. Also stapfe ich zeitweise durch knöcheltiefes Laub und erreiche bald die Felsformation Rocher de Bilisse.Rocher de Bilisse Hier haben es sich ein paar Spaziergänger gemütlich gemacht und picknicken am Ufer der Statte. Kein Wunder, dass sie sich diesen Platz ausgesucht haben, denn zwischen den knorrigen Eichen und den Felsformationen erzeugen die ersten Sonnenstrahlen des Jahres ein wahrlich geniales Bild. Als ich Rocher de Bilisse wieder verlassen will, sehe ich auf der schmalen Brücke weiter flussaufwärts zwei Personen liegen, die in der Sonne dösen. Mist, was mache ich nun? Die beiden versperren mir den Weg – und ich beherrsche ungefähr 4 Worte Französisch. Das wird nicht reichen, um die beiden um Durchgang zu bitten. Aber zum Glück wacht einer der beiden auf, weckt seinen Kollegen und ich kann dankend über die schmale Brücke an den beiden vorbei tänzeln. Puh. Gerne hätte ich den Ort noch ein bisschen genossen, aber hier war mir ein bisschen zu viel los.

Weiter geht es. Weiter bergauf über Wurzeln und Steine, Steine und Wurzeln, Wurzeln und Steine. Die Statte schlängelt sich mir entgegen und es wird endlich wieder ruhiger, die Menschenmassen weniger. Ein dicker Felsbrocken auf der linken Seite des Baches lädt dazu ein, eine kleine Pause zu machen. Ich klettere hinauf und sammele ein paar Minuten Energie hoch oben über dem Bachlauf, bevor es weiter bergauf geht. Einige hundert Meter weiter erreiche ich den Cascade des Nutons, einen wirklich kleinen Wasserfall, aber wie fast alles auf der Tour hat auch er einen Namen. Denn überall, selbst an den kleinsten Brücken, hängen liebevoll gestaltete Holztafeln mit den Namen der Bauwerke oder Naturmonumente. Wirklich überall. Ich finde es toll, wenn sich so um den Wald und seine Wanderwege gekümmert wird. Da hat sich wirklich jemand Mühe gegeben.

Weiter geht es leicht bergauf und irgendwann erreiche ich eine Brücke, die auf einmal vor mir auftaucht. Darüber führt ein Wirtschaftsweg, den ich für 15 Meter nutzen muss, um auf der anderen Seite wieder dem Lauf der Statte im Wald folgen zu können. Als ich so über die Brücke wandere und sie gerade wieder verlasse, habe ich ein Gefühl.
Brücke über die StatteEin Gefühl, als wäre ich hier schon mal gewesen. Ich gehe ein Stück weiter und drehe mich noch mal um, um einen Blick auf die Brücke zu werfen. „Doch, hier warst du schon mal.“, denke ich und vermute, dass ich hier mit René von outdoor-spirit.de, Jens vom Hiking Blog und Sven vom Freiluft Blog auf unserer Boggerwanderung vorbei gekommen bin. Irgendwie kommt mir diese Wegkombination bekannt vor. Naja, sei’s drum. Ich muss weiter, denn so langsam macht sich ein leichter Hunger breit. Ich bin auf der Suche nach einem schönen Platz, wo ich es mir ein bisschen länger gemütlich machen kann. Aber hier auf den schmalen Pfaden ist an gemütliches Rasten nicht zu denken, denn links und rechts des Weges ist es matschig und Sitzgelegenheiten wie Baumstämme oder ähnliches gibt es auch nicht. Also beschließe ich, weiter zu gehen.

Keine Pause in Sicht

Ich wandere also weiter über schmale Pfade und erreiche irgendwann eine Vennfläche mit dem typischen Heidekraut. Von hier aus mache ich einen kurzen Abstecher zu Le Pierrier de la Statte. Hier wurden zahlreiche Steinmännchen in einem Geröllfeld aufgetürmt. Ein bisschen erinnert mich das an den letzten Bergurlaub, aber der Ort reizt mich auch nicht so sehr, dass ich hier meine Mittagspause verbringen möchte. Also wandere ich weiter, folge abermals einem kleinen Bachlauf und erreiche irgendwann eine ewig lange Vennstraße, die kilometerweit geradeaus verläuft und schon zur Mittagszeit zeigt sich hier der Mond hoch über dem Horizont. Lange bleibe ich aber nicht auf dem Asphalt und biege bald schon wieder in den Wald ab. Es geht durch ein lange Buchenallee, die ein wenig zu perfekt für diese wilde Landschaft aussieht. Es geht noch einmal rechts herum auf einen Moorpfad und dann liegt er auf einmal vor mir: Mein Platz für die Mittagspause. Hier, auf einer frisch gerodeten Lichtung, lasse ich mich nieder und mache es mir  gemütlich. Ich habe meinen Kocher dabei und gönne mir eine große Tasse Kaffee, genieße die Ruhe und den sensationellen Ausblick auf Polleur und Jalhay. Hier oben ist außer mir niemand und so bin ich völlig für mich alleine und merke gar nicht, wie die Zeit verstreicht. Als ich nach 45 Minuten auf die Uhr schaue, werde ich ein bisschen nervös, denn so ganz sicher bin ich mir nicht, wann es ungefähr dunkel wird. Und gut 10 km liegen ja noch vor mir.

Gerade als ich meinen Rucksack aufnehme um weiter zu ziehen, ruft mich ein Mann aus der Ferne „Monsieur, monsieur!“, höre ich ihn und er klingt verzweifelt. Ich erkenne ein älteres Ehepaar, das sich mir sehr sehr langsam nähert. Der Mann spricht mich auf Französisch an und ich gebe ihm zu verstehen, dass ich kein Französisch spreche. Dabei sehe ich, wie ihm die Hoffnung aus dem Gesicht entweicht, die er sich gemacht hat, denn er wollte mich nach dem Weg fragen. Wir verständigen uns irgendwie auf Englisch und ich staune nicht schlecht, denn die beiden sind auf der selben Tour wie ich unterwegs und wollen auch zurück nach Solwaster. In Anbetracht der Zeit suchen wir gemeinsam auf meinem GPS eine schnellere Route für die beiden und ich kann meinen Weg fortsetzen. Also geht es noch ein paar typische Vennwege und Schotterpisten hinab, bis ich irgendwann im Vallèe de la Hoëgne ankomme. Hier, im Tal der Hoëgne, führt die Pont du Centenaire über den Bach und an dem flachen Ufer planschen ein paar Kinder. Sogar auf einem Esel ist jemand hier hin geritten, denn der Esel steht angeleint im Ufer.

Ganz schnell durch das Tal der Hoëgne

So ruhig und romantisch die Brücke und das Flussbecken hier oben auch aussehen: Was jetzt kommt, ist der unschönste Abschnitt der ganzen Tour. „La Hogne track“, ein ausgeschilderter Pfad für Sonntagsspaziergänger führt von einem Ausflugslokal etwa 4 km unterhalb dieser Stelle hier hinauf. Auf dem schmalen Pfad tummeln sich Familien, Wandergruppen, Pärchen, Einzelwanderer, Hunde und und und. Ich trete durch das Tor auf den Massen-Pfad und versuche, mich nicht zu sehr über das Stop-and-Go der Spaziergänger aufzuregen. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus und ich möchte gerne laufen. Ich muss an Basti und seinen Artikel vom Eifelsteig denken, denn ich kann einfach nicht anders als laufen. Ein bisschen laufe ich aus Neugier auf die geilen Trails, ein bisschen auch, um möglichst schnell an all den Menschen vorbei zu kommen, die vor mir laufen und mich förmlich aufhalten.

Immer wieder halte ich kurz an und versuche mich damit zu beruhigen, dass ich zum Laufen bald wieder hier hin kommen werde und nun gemütlich gehen kann, aber ich kann mich einfach nicht bremsen. Zwar schauen die Spaziergänger mich entsetzt an, wenn ich an ihnen vorbei springe, aber ich kann nichts dafür. Wenn die Spaziergänger jetzt nur noch Platz machen würden. Ich habe eine Idee: Ich verstaue meinen Schlüssel in dem Alu-Kaffeebecher, damit die Leute mich besser hören und mir schneller Platz machen, wenn ich von hinten über den schmalen Pfad angerast komme. Anders kann ich mir leider nicht helfen, denn ich weiß nicht was „Hey, Platz da, bitte!“ auf Französisch heißt. Und wenn ich weiter hinter den Menschenmassen hertrotten müsste, würde ich wahnsinnig werden.

Und siehe da: Ab dem Ausflugslokal „Chez Tintin“ werden die Menschenmassen weniger. Ich kann aber immer noch nicht aufhören zu laufen und trabe die letzten Kilometer bis zum Parkplatz gemütlich vor mich hin. Nach 5:38 Stunden komme ich völlig entspannt wieder am Auto an.

Fazit

Die Tour von Natur Aktiv Erleben ist wirklich klasse, auch wenn ich sie andersherum gegangen bin. Beim nächsten Mal würde ich sie wahrscheinlich in der „richtigen“ Richtung wandern, damit ich die Menschenmassen im Tal der Hoëgne möglichst schnell hinter mir lassen kann, denn danach trifft man kaum noch Menschen und kann die Ruhe auf der Tour genießen.

Ich würde die Tour als mittelschwer einstufen, denn etwas um die 410 hm sind zwar nicht all zu viel Steigung während der Wanderung, aber die steinigen Pfade erfordern doch recht viel Konzentration. Die Länge der Tour ist hingegen variabel. Die Planer haben eine Abkürzung eingebaut, mit der man die Tour verkürzen kann. Sollte man sich nur für einen Teil der Wanderung entscheiden müssen, würde ich den nördlichen Teil vorziehen.

Der Pfadanteil der Wanderung ist sehr hoch und es ist Trittsicherheit gefragt, da es häufig an den Bachläufen recht steinig werden kann. Auch die kleinen Holzbrücken können bei Nässe rutschig sein. Und wer bei dem Namen „Die Wasser des Venn“ denkt, er könnte in Sommerlatschen dort wandern und keine nassen Füße bekommen, irrt sich wohl. Festes, am besten wasserabweisendes Schuhwerk ist hier definitiv von Vorteil. Ansonsten sollte ein Paar Wechselsocken in den Rucksack.

Da es auf der Tour recht einsam ist, sollte man gut ausgerüstet unterwegs sein. Das heißt, dass ein Handy auf jeden Fall ins Gepäck sollte.

Wer die Wanderung anders- bzw. richtigherum machen möchte, sollte mal bei Angelica oder Andreas vorbei schauen. Die beiden haben jeweils einen tollen Bericht verfasst. Eine virtuelle Wanderung kann man auf der Garmin-Seite zur Tour machen. Hier habe ich dank meiner neuen GPS-Kamera die Fotos an die jeweiligen Stellen der Route positioniert. Und für den Fall, dass ihr euch den GPX-Track runterladen wollte, habe ich die Tour noch mal bei komoot hochgeladen.

Bitte beachtet bei eurer Planung, dass meine Zeitangabe daraus resultiert, dass ich die letzten Kilometer gelaufen bin. Hier werde ich auf jeden Fall noch einmal hin kommen, um die ganze Strecke zu laufen.

Fotos zur Tour

5 KOMMENTARE

  1. Wie so viele Wanderwege, steht auch dieser schon lange auf meiner Liste. Dein Bedürfnis über die schmalen Pfade zu rennen kann ich sooo gut verstehen, wer Trail läuft MUSS das einfach lieben.

    Irgendwann bin ich dort, allerdings deutlich langsamer als du 🙂
    Ach ja, die Fotos…. hach verführen extrem zum nachwandern

  2. Hallo Axel
    ich bin ja meist Samstags im Venn unterwegs, da ist es nicht ganz so voll. Aber wie Du schon sagst, die Tour andersrum bewahrt einen vermutlich vor dem Andrang im Tal der Hoegne, der einen dort sonst erwartet. Auch an den „Cascade des Nutons“ ist oft einiges los, aber zwischendurch gibt es durch die tolle Wegeführung, die NAE sich ausgedacht hat, genügend einsame Abschnitte.
    Schöner Bericht und Danke für den Link
    Liebe Grüße Angelica

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